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4. Juni 2025
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Carmina Burana – mit 250 Musiker*innen
«Lieder aus Beuren» nannte Carl Orff seine Vertonung mittelalterlicher Texte aus dem Bestand einer bayerischen Klosterbibliothek. Auch wenn es um Schicksal, Leben und Tod geht, kommt das Werk ganz bodenständig daher, von raffiniert bis derb, aber immer sehr sinnlich. Eine Musik für alle – versinnbildlicht durch die Zusammenarbeit des Gürzenich Orchesters mit Laienchören aus Köln und Luzern.
DO, 23*04*26
LUZERN, 19.30 UHR
Im 19. Jahrhundert zählte Köln zu den wichtigsten musikalischen Zentren Deutschlands. Das städtische Orchester wurde 1827 gegründet und nach seinem Auftrittsort, dem Gürzenich-Konzertsaal, benannt. Unter Dirigenten wie Conradin Kreutzer, Ferdinand Hiller und Franz Wüllner hob es bedeutende Werke von Brahms, Mahler, Strauss, Pfitzner und Reger aus der Taufe. Nach dem Zweiten Weltkrieg sorgten Persönlichkeiten wie Günter Wand, James Conlon und Markus Stenz für Kontinuität. Das Gürzenich Orchester versteht sich als Kulturbotschafter der Domstadt und unterstreicht dies durch ungewöhnliche Konzertformate wie dem Bürgerorchester, bei dem Laien zum Mitspielen eingeladen sind, durch Auftritte in Kindergärten und Altenheimen sowie durch digitale Angebote. Chefdirigent ist seit dieser Saison der Kolumbianer Andrés Orozco-Estrada.
Der Name des Chores ist Programm: Beim Kölner Bürgerchor handelt es sich tatsächlich um einen Klangkörper, der aus begeisterten Sänger*innen der Domstadt zusammengestellt wurde − ganz im Geist des Kölner Gürzenich Orchesters, das 1827 ebenfalls aus einer bürgerschaftlichen Initiative hervorging. Seinen ersten Auftritt hatte der Chor im Jahr 2022 mit Beethovens Neunter. Es folgten Strawinskis «Psalmensinfonie» und die 2. Sinfonie von Mahler. Auch wenn der Bürgerchor zum grössten Teil aus Laien besteht, musiziert er doch mit professionellem Anspruch. Gleichzeitig pflegt man eine enge Bindung zur Stadt, etwa durch «Wunschzettelkonzerte», bei denen das Publikum das Programm bestimmt, oder durch Auftritte im Rahmen des Weihnachtsmarkts. Geleitet wird der Chor vom Kölner Universitätsmusikdirektor Michael Ostrzyga.
Ein professionell geführter Chor für Kinder und Jugendliche mit Schwerpunkt auf dem geistlichen Repertoire: Das ist die Luzerner Kantorei. 1992 gegründet, setzt sie sich aus den Luzerner Sängerknaben und dem Luzerner Mädchenchor zusammen. Über den jeweiligen Nachwuchschor werden die jungen Sänger*innen an den Konzertchor herangeführt und bei entsprechender Eignung für solistische Auftritte vorbereitet. Zudem gibt es das Herrenensemble, das Sängern nach dem Stimmbruch vorbehalten ist. Auf diese Weise hat sich die Luzerner Kantorei zu einem der besten Schweizer Jugendchöre entwickelt, mit Auftritten beim Lucerne Festival, bei den Bregenzer Festspielen sowie auf vielen Opernbühnen in und ausserhalb der Schweiz. Künstlerischer Leiter des Chores ist seit dem Jahr 2000 der Kirchenmusiker Eberhard Rex.
Energie, Eleganz, Esprit: Mit diesen Eigenschaften wurde Andrés Orozco-Estrada der Öffentlichkeit als neuer Generaldirektor der Stadt Köln vorgestellt. Tatsächlich hat der aus dem kolumbianischen Medellín stammende Dirigent schon an ganz unterschiedlichen Orten Begeisterung entfacht: Er war künstlerischer Leiter in San Sebastián, Houston sowie beim hr-Sinfonieorchester in Frankfurt. Besonders eng sind seine Verbindungen zur Stadt Wien: Hier studierte er sechs Jahre lang Dirigieren, feierte 2004 seinen Durchbruch als Einspringer mit Bruckners Vierter und wurde 2009 zum Chef des Tonkünstler-Orchesters Niederösterreich gekürt. Mittlerweile unterrichtet Orozco-Estrada an der Universität Wien. 2014 erhielt er für seine herausragenden musikalischen Leistungen die österreichische Ehrenstaatsbürgerschaft.
In ihrer Heimat Lettland ist sie bereits ein Star: die 1997 in Riga geborene Sopranistin Annija Ādamsone. Jüngst erhielt sie, neben einer ganzen Reihe weiterer Auszeichnungen, den Grossen Musikpreis des Landes; und der lettische Klassiksender Radio 3 kürte sie zur Residenzkünstlerin. Auch in Deutschland wurde man auf sie aufmerksam: In Stuttgart, wo sie 2023 ihr Studium abschloss, trat sie bereits mehrfach auf, darunter am Staatstheater. Seit 2024 ist sie festes Ensemblemitglied des Theaters Trier, wo sie die Zerbinetta (R. Strauss), Despina (Mozart) und Adele (J. Strauss) sang. Andrés Orozco-Estrada verpflichtete sie für seine «Carmina Burana»-Tournee mit Gastspielen mit dem Gürzenich Orchester. Und auch zu Hause sorgte Ādamsone jüngst für Schlagzeilen: als Olympia in «Hoffmanns Erzählungen» in der Lettischen Nationaloper.
Mit gerade einmal 26 Jahren wurde Michael Schade von Helmuth Rilling als Evangelist in Bachs Johannes-Passion für eine Europa-Tournee verpflichtet. Dies war gewissermassen der Startschuss für die grosse internationale Karriere des in Kanada aufgewachsenen Tenors. Galt er zunächst als Mozart-Spezialist, mit Auftritten von Salzburg und Wien bis New York, hat er sich längst auch dramatische Partien von Strauss, Wagner und Britten erarbeitet. Unter seinen Tonträgeraufnahmen ragen die mit Nikolaus Harnoncourt heraus, die zahlreiche Auszeichnungen erhielten. Schades Lebensmittelpunkt ist seit geraumer Zeit Österreich: Hier wurde er 2007 zum Kammersänger des Landes ernannt, leitet seit 2014 die Internationalen Barocktage Stift Melk und wirkt seit 2019 als Professor für Liedgesang an der Uni Wien.
Seine Familie stammt aus Ungarn, er selbst aber wuchs in Stuttgart auf: Michael Nagy zählt aktuell zu den gefragtesten und vor allem vielseitigsten Sängern seiner Generation. Sein Repertoire reicht von den Opern Mozarts über Gounod und Puccini bis zur Moderne. Zu Auftritten in Zimmermanns «Soldaten», Ligetis «Grand Macabre» und Reimanns «Medea» kommen seit 2011 regelmässige Engagements bei den Bayreuther Festspiele. Nagy ist aber auch als Oratorien- und Liedsänger unterwegs. Im Fach Lied errang er seine ersten Preise, bevor er 2004 an die Komische Oper Berlin, später an die Oper Frankfurt wechselte. Auch seine jüngeren Auftritte zeigen seine musikalische Bandbreite: von Haydns «Schöpfung» über Bachs Johannes-Passion bis zu Werken von Arnold Schönberg («Jakobsleiter», «Gurre-Lieder»).
«Carmina Burana», so lautet der Titel einer Sammlung von Vagantenliedern aus dem Hochmittelalter, die 1803 bei der Auflösung des Klosters Benediktbeuren zum Vorschein kam. Ihre Themen sind alltagsnah und oft ganz bewusst gegen die höfische Ästhetik gerichtet: Freude an sinnlichen Genüssen, Liebe und Erotik, Spiel und Satire, dazu Kritik an den Institutionen. Als Carl Orff diese Lieder 1934 kennenlernte, war er auf Anhieb begeistert. Mit Hilfe eines befreundeten Archivars stellte er einige von ihnen zu einer szenischen Kantate in drei Teilen zusammen. Während Teil I das ländliche Leben feiert, spielt Teil II in der Dorfschenke; Teil III ist der Liebe gewidmet. Gerahmt wird das Ganze durch Anrufungen der Fortuna, der Schicksalsgöttin, deren Bild auf dem Titelblatt der Benediktbeurer Handschrift prangt. Musikalisch fasziniert Orffs Werk bis heute durch seine stilistische Vielfalt, die das zarte Liebeslied ebenso kennt wie den deftigen Trinkspruch, die Hymne an die Natur ebenso wie Satire und Überzeichnung. Auch in klanglicher Hinsicht haben die «Carmina Burana» viel zu bieten: Das ohnehin gross besetzte Sinfonieorchester ist um zwei Klaviere, Celesta und etliche Schlaginstrumente erweitert.