Das Schicksal, das Robert Schumanns Violinkonzert erlitt, ist kaum anders als tragisch zu nennen. Ein echtes Spätwerk, entstanden nur wenige Monate vor dem geistigen Zusammenbruch des Komponisten, wurde es nach seinem Tod von Schumanns Witwe Clara und dem Widmungsträger Joseph Joachim zurückgehalten; die Furcht, es halte nicht das Niveau früherer Schöpfungen, war zu gross. Und als das Stück in den 1930ern wiederentdeckt und erstmals öffentlich aufgeführt wurde, diente es den Nationalsozialisten als Propagandawerk, das Mendelssohns beliebtem Violinkonzert den Rang ablaufen sollte. Erst durch den unermüdlichen Einsatz Yehudi Menuhins und anderer Geiger gelang die Rehabilitation.
Zum Glück, muss man sagen, steht Schumanns Violinkonzert doch würdig neben denen Beethovens, Mendelssohns und Brahms’. Nicht obwohl, sondern weil es ganz anders ist als diese: lyrisch, introvertiert, gleichsam dunkel glühend und von einer Ausdruckstiefe, wie sie in keinem anderen Solokonzert des 19. Jahrhunderts erreicht wird. Äusserlich, in Bezug auf die Satzfolge, die technischen Ansprüche an den Solisten und den Wechsel von Moll nach Dur, erfüllt es die Konventionen. In seinem Inneren dagegen ist es ein subtil revolutionäres Werk mit einer ganz eigenen Zeitstruktur, mit melodischen Suchbewegungen, gebrochenen Empfindungen, Zitaten und Erinnerungsfetzen. Ein Spätwerk, ja – aber nicht im Sinne nachlassender Kreativität, sondern als Summe eines Lebens, das sich seiner Endlichkeit nur zu bewusst ist.